Alte Kirchen entdecken, neue Kunst genießen und dabei womöglich die eine oder andere Selbsterkenntnis erlangen: Nicht weniger verspricht der neue „Uwe-Appold-Pfad“, den die Gesamtkirchengemeinde Saaletal rund um den südniedersächsischen Flecken Salzhemmendorf ins Leben gerufen hat. Seine Existenz verdankt das Projekt einer großzügigen Schenkung des vielfach ausgezeichneten Künstlers Uwe Appold an die Gemeinde: Der 20 Acrylbilder umfassende Zyklus „Selbstbefragung“ wurde am Mittwoch in Beisein des Künstlers in der Salzhemmendorfer St.-Nikolai-Kirche vorgestellt.
Die Werke werden fortan verteilt auf sieben Kirchen der Gemeinde zu sehen sein – miteinander verbunden durch den neu geschaffenen Pfad. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft der Hildesheimer Regionalbischöfin Adelheid Ruck-Schröder und wird von der Hanns-Lilje-Stiftung gefördert.
Mit seinem Zyklus will Uwe Appold nach eigenem Bekunden den Blick in der Tradition antiker und christlicher Gewissenserkundung nach innen lenken. Die Bilderreihe spiegele „20 mögliche Aspekte, die sich in inneren Dialogen der Betrachtenden entwickeln und unter Einbeziehung persönlicher Lebenserfahrungen wandeln“.
Gestaltet sind die jeweils 60 mal 55 Zentimeter messenden Tafeln bunt und bewegt: Vor einem dynamischen, den ganzen Farbkreis umfassenden Grund heben sich in Weiß symbolhafte Linienzeichnungen und kalligrafische Kürzel ab. Angedeutet werden damit bedeutungsvolle Zeichen wie Haus, Boot und Leiter.
Der 1942 in Wilhelmshaven geborene Künstler, der bislang rund 200 Projekte im sakralen Raum realisiert hat, bezeichnet seinen Zyklus als „intime Bilder“. Sie seien „nicht laut“. Appold möchte sie auch als eine Art Entschleunigungshilfe verstanden wissen und als Einladung, „sich mit Christus auf dem Pfad zu begreifen“.
Dass sein 2010 geschaffener Zyklus, der öffentlich zuvor noch nie zu sehen war, nun auf verschiedene Kirchen aufgesplittet ist, gefällt Appold. Dadurch entstehe eine Verbindung zwischen den verschiedenen, einst autonomen Gotteshäusern der 2024 fusionierten Gesamtkirchengemeinde – ein Netzwerk von „Geh-hin-Kirchen“, wie der Maler es nennt.
Auch Regionalbischöfin Adelheid Ruck-Schröder betont, dass Appolds Schenkung nicht nur eine Reihe von Gemälden, sondern ein kraftvolles Bindeglied sei. „Im Zusammenspiel der einzelnen Gemeinden entsteht etwas, das größer ist als jede Kirche, jede Gemeinde für sich: Eine echte Gemeinschaft von Menschen, die – unabhängig von Herkunft, Wohnort und individuellen Bezügen – mit ihren Lebensfragen unterwegs sind“, sagt die Theologin.
Christoph Dahling-Sander, Geschäftsführer der Hanns-Lilie-Stiftung, beschreibt Appolds Werke als „Wegmarken zum Innehalten“ auf dem neu geschaffenen „Uwe-Appold-Pfad“. Einem Pfad hafte stets „etwas Urwüchsiges“ an. Er komme ganz ohne Asphaltdecke, ohne zig Hinweisschilder und ohne Besuchermassen aus und mache gerade deshalb neugierig. Das Projekt der Gesamtkirchengemeinde Saaletal sei beispielgebend für einen gelingenden Dialog von Kirche und Theologie mit Kunst und Kultur. Und es sei eine Aufforderung zum „Beten in Farbe“.
Festlich vollzogen werden soll die Schenkung am Sonntag um 11 Uhr in einem Gottesdienst in der Salzhemmendorfer Kirche St. Margarethen, die zwei der 20 Gemälde beherbergen wird. Ab dann werden auch die übrigen Bilder des Zyklus entlang des „Uwe-Appold-Pfades“ in den Kirchen von Wallensen, Lauenstein, Hemmendorf, Oddendorf, Benstorf und Osterwald zu erleben sein. Begleitend erscheint eine Publikation, die die Gemälde und ihre Hintergründe vorstellt und sie ins Gespräch mit persönlichen Bildinterpretationen von Mitgliedern der Gesamtkirchengemeinde Saaletal bringt.