In den Kindertagesstätten in Mecklenburg-Vorpommern sind für knapp 96 Prozent der betreuten Kinder die Personalschlüssel „nicht kindgerecht“. Das sei der bundesweit höchste Anteil, erklärte die Bertelsmann Stiftung am Dienstag bei der Vorlage einer Studie in Gütersloh. Die Qualität der pädagogischen Arbeit leide darunter erheblich, hieß es. Nach neuen Prognosen werde MV auch bis 2030 keine „kindgerechte“ Kita-Qualität erreichen. Es könne aber gelingen, die Personalschlüssel auf das bessere West-Niveau zu bringen und jedem Kind, dessen Eltern einen Bedarf anmelden, einen Platz zu geben. Aktuell fehlen laut Berechnungen der Stiftung für das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ 2.000 Kita-Plätze in Mecklenburg-Vorpommern.
In MV liegt die Quote der Kinder in Kindertagesbetreuung, wie auch in anderen Ost-Bundesländern, über dem Bundesdurchschnitt. Bei den unter dreijährigen Kindern beträgt sie den Angaben zufolge 59 Prozent (Bund: 36 Prozent), bei den ab Dreijährigen 96 Prozent (Bund: 92 Prozent). Dennoch reiche das Platzangebot vor allem für die jüngeren Kinder nicht aus, um die Nachfrage zu erfüllen, hieß es. Laut Bundesfamilienministerium benötigten 62 Prozent der unter Dreijährigen und 97 Prozent der ab Dreijährigen in MV einen Platz, informierte die Stiftung.
Zugleich würden 98 Prozent der unter Dreijährigen und 95 Prozent der ab Dreijährigen in Gruppen mit „nicht kindgerechten“ Personalschlüsseln betreut. So sei in den Krippengruppen in MV eine Vollzeit-Fachkraft für 5,7 ganztagsbetreute Kinder verantwortlich. Das sei ungünstiger als der Westwert von 1 zu 3,4 und verfehle auch deutlich das von der Stiftung empfohlene Verhältnis von 1 zu 3. In den Kindergartengruppen sei der Schlüssel mit 1 zu 12,5 sogar bundesweit am ungünstigsten. Hier liegt der Westwert den Angaben zufolge bei 1 zu 7,7 und der empfohlene Wert bei 1 zu 7,5.
„Wenn eine Fachkraft für mehr Kinder verantwortlich ist als wissenschaftlich empfohlen, leidet darunter die Qualität der pädagogischen Praxis. Es ist davon auszugehen, dass die Kitas in Mecklenburg-Vorpommern aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können“, sagte Kathrin Bock-Famulla, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.
Bundesweit fehlen den Berechnungen zufolge fast 430.000 Kita-Plätze. Um Abhilfe zu schaffen, würden vor allem zusätzliche Fachkräfte benötigt, hieß es.
Für ihre Analyse hat die Bertelsmann Stiftung nach eigenen Angaben vor allem Daten der Statistischen Ämter von Bund und Ländern, des Bundesfamilienministeriums und des Deutschen Jugend-Instituts ausgewertet.