Artikel teilen:

Berliner Schloss wird jetzt richtig fertig – oder doch noch nicht?

Ab 1443 errichtet, Anfang des 18. Jahrhunderts umgebaut, im Krieg schwer beschädigt und 1950 von der SED gesprengt. Inzwischen steht das Berliner Schloss wieder an seinem alten Platz. Ab Montag ist die Fassade komplett.

Ziemlich genau zwölf Jahre vergingen vom ersten Spatenstich bis zur letzten aufgestellten Balustradenfigur. Am Montag wird die Rekonstruktion des Berliner Schlosses nun offiziell abgeschlossen. So sehen es die verantwortliche Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss und der Architekt Francesco Stella – der Bundestagsbeschluss von 2002 sei erfüllt, teilte eine Sprecherin auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit.

Rund 682 Millionen Euro hat das Mammutprojekt gekostet. Die Rekonstruktion der historischen Fassade wurde dabei komplett durch Spenden über den Förderverein Berliner Schloss getragen.

Vier Jahre nach der Eröffnung stellten Arbeiter in den vergangenen Wochen Sandsteinfiguren an der Nord- und Südfassade auf. Bei den Figuren handelt es sich nicht um Duplikate historischer Skulpturen, sondern um Neuinterpretationen barocker Kunst. Am Montag werden nun die letzten der 19 Figuren ihren vorgesehenen Platz finden und damit die historische Schlossfassade abrunden.

Seit 2021 beheimatet das Humboldt Forum im Berliner Schloss die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin. Hinzu kommt die Ausstellung “Berlin Global”, an der das Stadtmuseum und Kulturprojekte Berlin beteiligt sind. Außerdem stellt die Humboldt Universität im Humboldt Labor aktuelle Forschungsergebnisse vor.

Im vergangenen Jahr besuchten laut eigener Erhebung rund 3,3 Millionen Menschen das Forum. Allerdings sind in den hochgerechneten über 3 Millionen Besuchern alle enthalten, die durch eines der sechs Portale in das öffentlich zugängliche Foyer oder den Innenhof gegangen sind. Die Sammlungspräsentationen und Ausstellungen im Haus verzeichneten demnach rund 731.000 Besuche.

Die Bauarbeiten gelten als letztes Puzzleteil des 2002 vom Bundestag beschlossenen Wiederaufbaus des Schlosses samt Rekonstruktion der Außenfassade. Die frühere Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte im vergangenen Jahr deutlich gemacht, dass weitere Rekonstruktionen nicht erwünscht seien. Der Förderverein Berliner Schloss zeigt sich hingegen offen für weitere Ergänzungen.

So könnten die Rossebändiger, zwei Bronzeplastiken des Bildhauers Peter Clodt von Jürgensburg, vor das Portal IV des Schlosses zurückkehren. 1945 waren sie nach rund 100 Jahren von dort in den Kleistpark in Berlin Schöneberg versetzt worden. Auch der Neptunbrunnen zwischen Rotem Rathaus und Fernsehturm stand einst auf dem Schlossplatz und könnte nach Wünschen des Fördervereins den Weg zurück an seinen angestammten Platz finden.

Und dann gibt es da noch die Gigantentreppe. So wird das Große Treppenhaus des Schlosses umgangssprachlich genannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Treppe schwer beschädigt, 1950 dann mitsamt dem ganzen Schloss gesprengt. Mittels Gipsabdrücken, Fotografien und Plänen ließe sich das Treppenhaus rekonstruieren, zumal Architekt Stella bei den Plänen für den Wiederaufbau die Möglichkeit offen gelassen hat, zu einem späteren Zeitpunkt im Innenraum das historische Treppenhaus zu errichten. Für den Bau der Gigantentreppe wäre jedoch eine aufwendige Umgestaltung im Innenraum notwendig, hieß es von der Stiftung, die Bauherrin und Eigentümerin ist.

Der Generalintendant und Vorstandsvorsitzender der Stiftung, Hartmut Dorgerloh, kündigte an, dass nun die programmatische Weiterentwicklung des Humboldt Forums im Mittelpunkt stehe. “Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Architektur und Geschichte des Ortes sowie den Sammlungen setzen wir verstärkt fort.”

Mit einem Kolloquium am Freitag und einem Thementag am Samstag feiert das Forum den Abschluss der Bauarbeiten. Dabei geben etwa Architekten, Ingenieure, Restauratoren und andere Experten Sonderführungen im Schloss und weiterführende Informationen. Interessierte können laut Humboldt Forum so über die Technik und Nachhaltigkeit des Hauses ebenso lernen wie über die Arbeit der Restaurierungswerkstätten und Bildhauer.

Während des Kolloquiums am Freitag wird eine Ausstellung mit Entwürfen eines Kunst-am-Bau-Wettbewerbs eröffnet, die sich mit der Architektur und Programmatik des Hauses auseinandersetzten. Das Gewinner-Werk “Südpfeil” soll in Zukunft am Nordgiebel der zeitgenössischen Fassade angebracht werden.

Im Spätsommer beginnen dann die zweijährigen Bauarbeiten für eine Freitreppe, die vom Schlossplatz hinunter an den Spreekanal führen soll. Der letzte große bauliche Akt rund um das Stadtschloss – wenn sich nicht doch noch die Freunde der Rekonstruktion durchsetzen.