Von den rund 1,32 Millionen Erwerbstätigen in Hamburg sind etwa 93.600 mindestens einmal im Jahr wegen psychischer Leiden krankgeschrieben. Sechs Prozent aller Krankschreibungen entfallen auf psychische Diagnosen, deutlich mehr (knapp 36 Prozent) basieren auf Atemwegsinfekten, wie die Barmer-Krankenkasse am Donnerstag mitteilte. Problematisch sei vor allem, dass eine Krankschreibung aufgrund seelischer Erkrankungen im Schnitt mehr als sieben Wochen dauere. Wichtig sei deshalb, Risiken zu identifizieren und präventiv entgegenzuwirken. Die Kasse berief sich auf Analysen auf Basis von Versichertendaten der Barmer aus dem Jahr 2021.
Die Wahrscheinlichkeit, seelisch zu erkranken, steigt laut Barmer mit dem Alter. Frauen erhalten in allen Altersgruppen häufiger psychische Diagnosen als Männer. Die höchsten Quoten gibt es in Hamburg bei weiblichen Beschäftigten ab 50 Jahren – von ihnen sei mehr als jede zweite betroffen, hieß es.
Laut Barmer-Gesundheitsreport weisen Beschäftigte mit längerfristiger Tätigkeit an einem Arbeitsplatz sowie mit längerfristigem Aufenthalt an einem Wohnort die geringsten Risiken für psychische Erkrankungen auf. Beschäftigte in Arbeitnehmerüberlassung sind häufiger aufgrund seelischer Leiden krankgeschrieben als Beschäftigte in regulärer Anstellung. In unbefristeten Arbeitsverhältnissen oder bei Vollzeit-Tätigkeit ist die Quote niedriger als bei befristeten Anstellungen oder Teilzeit.
„Eine These hierzu ist, dass Teilzeitbeschäftigte aufgrund weiterer familiärer Belastungen wie Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen stärker von psychischen Erkrankungen betroffen sein könnten“, sagte Michael Schweiger, Geschäftsführer beim Arbeits-Integrations-Netzwerk Arinet Hamburg, einem Anbieter für berufliche Teilhabe für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Er wies darauf hin, dass neue Arbeitsformen wie Homeoffice, mobiles Arbeiten oder Desk-Sharing ein frühzeitiges Erkennen psychischer Auffälligkeiten erschwerten. Schweiger riet zur Devise „Früh erkennen, früh behandeln“. Psychische Probleme hätten häufig einen langjährigen Vorlauf.
Das berufliche Umfeld biete den größten Rahmen für Prävention, sagte Barmer-Landesgeschäftsführerin Susanne Klein. Hohe Anforderungen bei geringem Tätigkeitsspielraum, Konflikte bei der Arbeit oder die Sorge um den oder Arbeitsplatz seien nur einige Risikofaktoren für psychische Erkrankungen im beruflichen Kontext.