Wer aufsteigen will, muss nicht nur qualifiziert sein, sondern auch soziale Codes kennen: Diese vermittelt das “Netzwerk Chancen”. Dessen Gründerin sieht aber auch Unternehmen in der Pflicht.
Scham und ein fehlendes Netzwerk halten viele gut ausgebildete Menschen vom sozialen Aufstieg ab: Das beklagt Natalya Nepomnyashcha, Unternehmensberaterin und Gründerin des “Netzwerk Chancen”. “Arbeitgebende suchen Leute, die in den Schuh passen, den die Vorgänger und Vorgängerinnen schon getragen haben”, sagte Nepomnyashcha der Zeitung “Die Welt” (Freitag). “Ich kann aber nicht zeigen, wie gut ich tanzen kann, wenn mir mein Schuh zu klein oder zu groß ist.”
Viele Vorgesetzte bevorzugten Menschen, die ihnen im Benehmen oder in Humorfragen ähnlich seien. Für jemanden, der in wenig privilegierten Verhältnissen aufgewachsen sei, könne jedoch etwa Small Talk über den letzten Urlaub oder eine neue Ausstellung eine Falle sein. “Sympathie hat eben immer auch mit Vorurteilen zu tun”, so Nepomnyashcha. “Und die sollten bei der Auswahl von Mitarbeitenden möglichst wenig Raum bekommen. Sonst schmoren Unternehmen immer nur in ihrer eigenen Soße.”
Sie selbst habe mit 20 Jahren versucht, ihren Akzent loszuwerden, für den sie sich lange geschämt habe, so die Autorin, die in der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgewachsen ist. Ihr Buch “Wir von unten. Wie soziale Herkunft über Karrierechancen entscheidet” ist soeben erschienen.
Bei dem von ihr gegründeten Netzwerk gehe es daher auch darum, die eigene Geschichte “zur Storyline zu verpacken”. So könne beispielsweise eine frühere Konditoreiangestellte selbstbewusst darauf zurückblicken, dass sie jahrelang früh aufgestanden sei und hart und präzise gearbeitet habe.
Ein anderes Ziel sei, soziale Codes zu erlernen und zu erkennen, worauf unterschiedliche Personen Wert legten. So betrachteten es viele Lehrerinnen und Lehrer als respektlos, wenn jemand in Jogginghose in den Unterricht komme: “Und wer sich respektlos verhält, hat wohl kaum gute Noten verdient.” Es lohne sich, solche Denkmuster zu hinterfragen, betonte Nepomnyashcha.