Artikel teilen:

Auferweckt durch den Glauben

Was bedeutet es für uns, an die Macht Gottes zu glauben? Mit dieser Frage beschäftigt sich Roger Thomas. Er ist Pastor der Nikolaigemeinde Wismar.

„Gott hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus.“ aus Kolosser 2, 12-15
Als „Ost-Pflanze“ bin ich uniformgeschädigt. Zu viert hatten wir im Schul-Internat nur ein FDJ-Hemd. Nach Gebrauch warfen wir es lustvoll zurück in die hinterste Spindecke. Wir entkleideten uns der Ideologie und wurden wieder wir selbst. Dies entsprach unserer Vorstellung von Freiheit und Selbstbestimmung.
Jesus von Nazareth, dessen Gewand die Söldner untereinander verlosten, wurde nackt wie ein Straßenkind. So haben wir den Gekreuzigten vor Augen in unseren Kirchen und in unseren Herzen. Alle prachtvolle Verkleidung in Staat und Kirche wird nun gemessen an diesem Christus-Bild.  
Was die Mächte und Gewalten im syrischen Kriegsgemetzel tun, die russischen und die US-amerikanischen, die türkischen und die deutschen, wird öffentlich zur Schau gestellt von Journalisten und Friedensorganisationen. Dennoch geht das Kreuzigen weiter,  die Sünde in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, der unbegrenzten Gier eigener Interessen.
Es nützt nichts, Pilatus, die FDJ oder den deutschen Rüstungsfilz an den Pranger zu stellen, solange es nicht mein oder dein Thema wird und wir selbst uns den Fragen aussetzen. Was bedeutet es für uns, an die Macht Gottes zu glauben? Der Kolosserbrief spricht von der Taufe: Mit Christus seid ihr mitbegraben worden in der Taufe; mit ihm seid ihr auch auferweckt durch den Glauben. Darum legt nun die entsprechende Kleidung an: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Freundlichkeit und Geduld. Und über all das legt die Liebe an. Es geht um eine Haltung, die nicht durch Konkurrenz und Abgrenzung geprägt ist. 
In unserer Kirchengemeinde gibt es zwei kurdische Männer. Wir teilen ihre Sorge und ihren Schmerz über den Krieg gegen ihr Volk. Wir beten für die kurdischen Opfer und versuchen, den Obdachlosen und Flüchtlingen im Kurdengebiet zu helfen. Wir haben das Gefühl, (fast) nichts ausrichten zu können, aber vertrauen diese Ohnmacht dem Christus an. Der österliche Geist lässt uns an unserer Ohnmacht nicht verzagen.
Unser Autor
Roger Thomas
ist Pastor der Nikolaigemeinde Wismar.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.