UK 47/2016, Gemeindearbeit mit Flüchtlingen (Seite 11: „Gastfreundschaft als Geistesgabe“)
Der Artikel weist zu Recht darauf hin, wie wichtig es ist, dass Flüchtlingen nicht nur unsere Sprache, sondern auch unsere Kultur vermittelt wird. Das beruht auf Gegenseitigkeit, und das ist auch gut so, denn manche Flüchtlinge haben höhere Ansprüche als wir selbst.
Pfarrer Michael Sturm berichtete, wie entsetzt kürzlich zwei Iraner waren, als sie sahen, dass er seine Bibel auf den Boden legte. Für diese Iraner ist die Heilige Schrift heiliger als für manche von uns.
Nehmen wir unsere eigenen Symbole und Regeln eigentlich noch ernst genug? Auf dem Foto, das den Artikel begleitet, sind zwei Männer mit Mütze zu sehen. Sie haben ihre Kopfbedeckung nicht abgelegt, als sie die Kirche betraten. Vermutlich nicht, weil sie die anderen provozieren wollten, sondern weil sie es nicht wussten und weil niemand es ihnen gesagt hatte.
Ich beobachte eine zunehmende Ängstlichkeit in unseren Gemeinden, unsere eigenen Symbole und Regeln zu ihrem Recht kommen zu lassen. Das zeigt sich im Kleinen wie im Großen. Wir nehmen es hin, dass bei einer Taufe ungehemmt fotografiert wird, auch wenn Schilder darauf hinweisen, dass dies nicht erwünscht ist. Und im Großen zeigte es sich, als der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, sein Bischofskreuz ablegte, bevor er in Jerusalem den muslimischen Felsendom betrat.
Wir müssen den Mut haben, uns zu unseren Symbolen und Regeln zu bekennen, denn sonst werden wir nicht mehr ernst genommen und am Ende nicht nur die Selbstachtung, sondern auch unsere Religion verlieren
Detlef Koenemann, Bielefeld