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Auch “alkoholfreies” Bier ist nicht ohne

Alkoholfreies Bier gilt gemeinhin als gesunde Alternative. Trotzdem gibt es beim Konsum einiges zu beachten. Das fängt schon beim Etikett an.

Seit Mitte der 1970er Jahre gibt es in Deutschland alkoholarmes Bier. Sie haben richtig gelesen. Auch wenn auf dem Etikett “alkoholfrei” steht, enthält es bis zu 0,5 Prozent Restalkohol. Das hängt mit der Produktionstechnik zusammen – und ist vom Lebensmittelrecht so erlaubt. Wer komplett auf Alkohol, aber nicht auf Bier verzichten will oder muss, sollte sich auf die strengere Bezeichnungen “ohne Alkohol” oder “0,0 Prozent” verlassen. Dann beträgt der maximale Alkoholgehalt nur 0,03 Prozent.

Im Mittelalter wurde Bier verdünnt und Kindern verabreicht, nicht zuletzt deshalb, weil es oft das einzige Getränke war, das frei von gefährlichen Keimen war. Heute raten Kinderärzte davon ab. Nicht nur wegen des Restalkohols, sondern auch der Gefahr, dass sich junge Menschen zu früh an den Geschmack gewöhnen. Sogenanntes begleitetes Trinken unter Aufsicht von Sorgeberechtigten ist für Jugendliche ab 14 Jahren erlaubt. Die Gesundheitsminister drängen seit Sommer 2025 allerdings auf ein Verbot.

Ist alkoholfreies Bier eine Lösung für Menschen mit Alkoholproblemen? Physiologisch liegt das erst mal nahe, denn mit einem Durchschnittsvolumen von 0,35 Prozent enthalten deutsche Biere aus diesem Produktionssegment weniger als ein Zehntel der Menge eines “normalen” Biers. Man müsste also schon rund 14 Flaschen “Bleifreies” trinken, um die gleiche Alkoholisierung zu erzielen. Trotzdem raten Suchtmediziner wie der Wuppertaler Matthias Brecklinghaus davon ab: weil der Konsum das Suchtgedächtnis triggert und häufig Rückfälle auslöst.

Alkoholfreies Bier wird gern als Sportlergetränk beworben, als isotonischer Durstlöscher nach großer Anstrengung. Wie ist der Gesundheitseffekt zu beurteilen? Die Krankenkassen sagen dazu: Wer weniger Alkohol trinkt, senkt das Risiko für viele Erkrankungen, darunter Schlafstörungen, Fettleber und kognitive Beeinträchtigungen. Gesund wird ein Getränk aber nicht allein dadurch, dass es keinen Alkohol enthält. Bei Bier sollte etwa zusätzlich der Zuckeranteil beachtet werden. Die AOK rät: Alkoholersatzprodukte genauso wie ihre alkoholischen Vorbilder als Genussmittel betrachten – und besonderen Anlässen vorbehalten.

Ab wann ist Alkohol schädlich? Dazu hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erst 2024 ihre Position geändert. Früher wurden ein Bier oder ein Glas Wein am Abend mit einer etwas verringerten Sterblichkeit verbunden. Die neuere Forschung zeigt, dass es keine risikofreie Menge für einen unbedenklichen Konsum gibt. In ihren aktuellen Empfehlungen definiert die DGE Mengen nach den Kategorien risikoarm, moderat und riskant. Als risikoarm gelten demnach ein bis zwei alkoholische Getränke pro Woche.

Der Weg in eine Sucht ist oft schleichend. Wie sich Alkoholkonsum reduzieren lässt: Trinkmuster ändern, öfter mal Alkohol weglassen, zwischendurch ein Glas Wasser trinken, gelegentlich nein sagen, nicht aus Frust, Langeweile oder Traurigkeit zur Flasche greifen, ein Trinktagebuch führen. Wer es in zwei bis drei Monaten nicht schafft, die Mengen zu reduzieren, sollte eine Beratungsstelle oder einen Arzt aufsuchen.