Drama um ein vermeintlich glückliches Paar, dessen gemeinsame Zukunft nach der Ankunft auf einer geheimnisvollen Insel auf die Probe gestellt wird.
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
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Tristan (Jonas Dassler) und Leyla (Mala Emde) sind ein junges, scheinbar glückliches Paar, das eine Insel aufsucht, um für begrenzte Zeit mit einem anderen Paar die Körper zu tauschen. Das führt in mehrfacher Hinsicht zu existenziellen Erschütterungen.
Während sich der Mann im fremden Körper unwohl fühlt, ist die Frau mit einem Mal ihre Depressionen los. Tristan will das Experiment abbrechen, doch Leyla graut davor und sieht eine Chance, als ein älterer Mann ihr anbietet, ihr seinen gesunden Körper zu überlassen.
Das ruhig entwickelte Drama von Alex Schaad von 2022 changiert zwischen unterschiedlichen (Genre-)Tonlagen von Mystery zum Beziehungsdrama zur Körpertausch-Komödie und zurück. Die davon ausgehende Verunsicherung bezieht sich nicht nur auf Geschlechteridentitäten, sondern auch auf das Verhältnis von Vertrautsein und Fremdheit und wie man wieder zueinander finden kann.
Leyla (Mala Emde) und Tristan (Jonas Dassler) scheinen ein glückliches Paar zu sein. In einer frühen Szene des Dramas sieht man die beiden auf einer Fähre; Leyla ist an Tristans Schulter eingenickt; er hat sie dösen lassen, auch wenn dabei sein Arm eingeschlafen ist. Nachdem Leyla wieder erwacht, zieht er los, um ihr Kaffee zu holen. Möwen schreien, und in der Ferne kommt eine Insel in Sicht. So weit, so idyllisch.
Doch ganz am Anfang von “Aus meiner Haut” gab es seltsame Traumbilder, in denen Leyla im dunklen Wasser untergeht. Und dann ist da dieser kurze Moment nach ihrem Erwachen, als sie aufsteht, übers Deck spaziert, innehält und über die Reling ins Wasser hinunterschaut, als ginge von dort ein Sog aus. Irritationen, die andeuten, dass etwas nicht stimmt. Mit dem Paar? Mit Leyla?
Filmemacher Alex Schaad versteht es mit simplen, effektiven Mitteln, den Film zügig ins Mystery-Fahrwasser zu steuern. Schon vor der Szene auf dem Boot gibt es einen kryptischen Prolog: Ein älterer Mann (Edgar Selge) steht in einem Zimmer fassungslos vor einem Bett, auf dem eine junge Frau liegt, offensichtlich tot. Er setzt sich zu ihr, nimmt zart ihre Hand und flüstert – “Papa”. Ein erstes Signal, dass es mit den (Geschlechts-)Identitäten in “Aus meiner Haut” keine eindeutige Sache ist. Um die Frage, ob und wie man sich trotzdem lieben kann, geht es dann in der fantastisch überhöhten Geschichte von Leyla und Tristan.
Die Reise führt das Paar auf eine Insel und zu einer esoterisch angehauchten, zwischen Sekte und Wellness changierenden Gemeinschaft, wo Leyla eine frühere Studienfreundin besucht – die sich als die von Edgar Selge gespielte Figur aus dem Prolog entpuppt. Während Leyla und Tristan sich in einem Fachwerkhaus-Apartment und auf dem Gelände einleben, dämmert dem Publikum allmählich, was dort vor sich geht: Die Bewohner haben einen Weg gefunden, der es Menschen ermöglicht, miteinander die Körper zu tauschen.
Offensichtlich hat der verstorbene Vater von Leylas Freundin, der eine Art Guru der Gruppe gewesen zu sein scheint, dies genutzt, um sich für seine kranke Tochter zu opfern und sie in seinem Körper weiterleben zu lassen. Die Paare, die sich nun auf der Insel versammeln, nutzen sie, um mit den anderen Paaren nicht Partner-, sondern Körpertausch zu zelebrieren – also sozusagen um fremdzugehen, ohne fremdzugehen. Leyla und Tristan – letzterer etwas widerwillig – lassen sich ebenfalls darauf ein und finden sich bald in den Körpern von Fabienne (Maryam Zaree) und Mo (Dimitrij Schaad) wieder.
Das führt in mehrfacher Hinsicht zu existenziellen Erschütterungen. Tristan fühlt sich nicht nur in der fremden Haut sichtlich unwohl, sondern auch in seiner Loyalität zu Leyla hin- und hergerissen, weil er sich nicht nur zu ihrem Ich in Fabiennes Körper hingezogen fühlt, sondern auch zum Leyla-Körper.
Für Leyla hingegen ist der Körpertausch eine Offenbarung. Sie, die offensichtlich schon länger mit Depressionen kämpfte, entdeckt, dass es ihr in dem fremden Körper mit einem gesunden Hirnstoffwechsel schlagartig besser geht. Damit tun sich zwischen dem bisher innigen Paar auf einmal Gräben auf: Tristan will das Experiment abbrechen, doch Leyla graut davor. Sie wittert Morgenluft, als ihr der Geliebte des Vaters ihrer Freundin, der den Tod seines Partners nicht verwinden kann, anbietet, ihr seinen gesunden Körper zu überlassen.
“Aus meiner Haut” flirrt faszinierend zwischen verschiedenen Tonlagen. Obwohl sich die Inszenierung dramatische Zuspitzungen weitgehend verkneift und die Handlung ruhig entwickelt – auch durch die Musikgestaltung – sorgt dieses Changieren für unterschwellige Spannung. Lange lässt sich nicht genau vorhersagen, ob die Handlung ins Unheimliche kippen wird oder ob der Film zur Körpertausch-Komödie tendiert – etwa wenn Dimitrij Schaad als Macho-Figur ins Spiel kommt und dem überforderten Tristan in mehr als einer Hinsicht zu Leibe rückt.
Das Schillern zwischen den Genre-Tonlagen trägt zur allgemeinen Verunsicherung bei, die das Thema des Films ist: Was macht uns und die, die wir lieben, eigentlich aus? Und wie weit reicht eine Liebe, wenn sich Veränderungen einstellen?
“Aus meiner Haut” geht das Körpertausch-Thema als spirituelle Herausforderung an. Den Figuren wird Vertrautes fremd – der eigene Körper, aber auch der des oder der Geliebten. Und es erfordert neue Anstrengungen in Einfühlung und innerer Beweglichkeit, um wieder zueinander zu finden. Alle Darsteller machen daraus eine anrührende Odyssee.