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Arte-Doku über KI mit klarem Appell – “Sprechen Sie mit Menschen”

Als Katastrophe wertet eine Arte-Dokumentation die Gefahren von Künstlicher Intelligenz (KI) für die Menschheit. Der Film zeigt eine Bestandsaufnahme – aber auch, was man dagegen tun kann und möglichst bald sollte.

Was in Europa mit Künstlicher Intelligenz (KI) bezeichnet wird, das hat seinen Ursprung international als Artificial Intelligence (AI). Hinter dem Begriff verbergen sich Methoden in der Informatik, bei der Maschinen und Computersysteme komplexe Aufgaben lösen. Als Katastrophe für die Menschheit ordnet die Dokumentation “Der digitale Tsunami” die Gefahren von Künstlicher Intelligenz ein. Als Bestandsaufnahme mit Schwerpunkt Amerika und Kanada zeigt der Film aber auch, was man in Europa dagegen tun kann und möglichst bald tun sollte. Er läuft am 21. Oktober um 21.45 Uhr im Arte-Programm.

“Das Medium ist die Botschaft”, lautet das wohl bekannteste Zitat des kanadischen Philosophen und Medientheoretikers Marshall McLuhan, der bereits in den 1960er Jahren voraussah, wie tiefgreifend elektronische Medien die menschliche Wahrnehmung und die Gesellschaft verändern können. Das Medium selbst prägt, wie Menschen denken, fühlen und handeln. Gleich zu Beginn der Doku ergänzt der kanadische Politikwissenschaftler Ronald Deibert, Direktor vom “Citizen Lab” der Universität Toronto: “Das digitale Wirtschaftssystem, in das wir uns schlafwandlerisch begeben haben und das uns lückenlos umgibt, gleicht in seinen Grundzügen einem digitalen Tsunami.”

Sechs Jahre Arbeit und viel Recherche stecken laut dem Regisseur in seinem vom ZDF co-produzierten Dokumentarfilm “Der digitale Tsunami – Die Macht von KI und Algorithmen”. Der Radioreporter Philip Martin aus Boston fungiert in der Doku des im kanadischen Vancouver lebenden Fred Peabody als investigativer Reporter und quasi als Moderator der Dokumentation. Seine Motivation erklärt Peabody im Austausch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): “Ich schreibe, produziere und führe gerne Dokumentarfilme zu Themen, die ich für dringend wichtig halte, und versuche, das Publikum zum kritischen Denken zu animieren.”

Mit Erläuterungen von Forschenden wie der US-Soziologin Sherry Turkle und Douglas Rushkoff, Medientheoretiker am Queens College, warnt die Doku vor Kontrollverlust und Desinformation. Die Forschung belegt demnach psychologische Folgen von Social Media, insbesondere bei Jugendlichen: Sucht, Angstzustände, depressive Symptome – ausgelöst durch Plattformen, die mit Dopamin-Kicks operieren.

Beleuchtet wird auch die strukturelle Macht der großen Technologiekonzerne, die sich der demokratischen Kontrolle entziehen und mit Algorithmen bestimmen, was Menschen wissen, glauben – und kaufen. Wie verändert sich die Welt, wenn KI gar Entscheidungen über Leben und Tod trifft, wenn Maschinen beraten und wenn Kinder mit Bildschirmen groß werden? Der Film veranschaulicht es, und wenn die Doku eine Botschaft hat, dann ist es für Peabody: “Nehmen Sie den Kopf vom Bildschirm und ins wirkliche Leben. Sprechen Sie mit Menschen, nicht mit Maschinen.”

Kompakt und umfassend begibt sich der interessante Film auf eine ebenso faszinierende wie erschreckende Spurensuche nach Umbrüchen, ausgelöst durch digitale Revolution – mit all ihren gesellschaftlichen, psychologischen und politischen Konsequenzen. Wie bereits in seinen erfolgreichen Dokumentationen “Jede Regierung lügt” (2017) und “Trump und der Staatsstreich der Konzerne” (2018), die ebenfalls bei ZDF und Arte ausgestrahlt wurden, zeigt Filmemacher Peabody wieder systemische Ungerechtigkeiten auf, die angegangen werden müssen.

Angenehm auffallend an dem sonst Technik-basierten Film ist die beruhigende Klaviermusik, die zu Beginn und am Schluss ertönt: die Klaviersonate Nr. 20 von Franz Schubert. Peabody hat “dieses wunderschöne, stimmungsvolle Stück” nach eigenen Worten zum ersten Mal im Filmklassiker “Au hasard Balthazar” (“Zum Beispiel Balthasar”, 1966) des französischen Regisseur Robert Bresson gehört. “Es ruft bei mir ein unbeschreibliches Gefühl von Menschlichkeit und Mitgefühl hervor”, erklärt er. Für das Publikum bietet diese liebevolle Detail filmisch beschwingte Momente in einem bewegenden Thema.