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Argentinien: Bergbaupläne spalten Bevölkerung

Eugenia Segura blickt in die weite Landschaft der argentinischen Anden. „All das hier sollte eigentlich ein Naturpark sein“, findet die Umweltschützerin. Die Regierung des ultraliberalen Präsidenten Javier Milei hat jedoch andere Pläne. Sie will ausländische Investitionen für den Bergbau anlocken – auch wenn die Bevölkerung seit langem Widerstand gegen solche Vorhaben leistet.

Segura lebt in Uspallata, einem kleinen Dorf am Pass nach Chile. Ein Fluss durchzieht das trockene Hochtal wie ein grünes Band – derselbe Fluss, der weiter unten die weltberühmten Weinberge von Mendoza speist. Seit dem Brad-Pitt-Film „Sieben Jahre in Tibet“ (1997), der hauptsächlich hier in den Anden gedreht wurde, ist der Ort auch ein beliebtes Ferienziel.

Doch die Stimmung ist angespannt. Ende 2024 reaktivierte die Provinzregierung von Mendoza ein altes Projekt zum Abbau von Kupfer und Gold. „Anfang des Jahres kam die Provinzregierung mit eigens herbeigeschafften Anhängern ins Dorf und stellte ihre Bergbaupläne vor“, sagt Seguras Lebenspartner Federico Soria. Eine neue Handelskammer wurde gegründet, die im Gegensatz zur bisherigen die Vorhaben unterstützt.

„Die Anhänger griffen uns an“, erklärt Soria. Es kam zu Handgreiflichkeiten, bei denen die Polizei erst spät eingriff. Inzwischen geht die Provinzregierung wegen angeblicher „terroristischer Vereinigung“ gegen zwei Wortführer der Umweltbewegung vor. Einer von ihnen ist Soria, der für kurze Zeit in Untersuchungshaft saß.

Wie der Rest des Landes steckt auch Mendoza in einer schweren Wirtschaftskrise. Ausländische Investitionen, insbesondere im Bergbau, sollen helfen. Mitte 2024 führte die argentinische Regierung unter Milei ein Sonderregime für Großprojekte ein, das Steuererleichterungen und finanzielle Garantien bietet. Seit April ist der Peso erstmals seit Jahren wieder auf dem freien Markt, Unternehmen können so wieder problemlos Gewinne ins Ausland transferieren.

„Man spürt den Hunger internationaler Investoren“, betont Jimena Latorre. Die liberale Politikerin begrüßt die Reformen. Sie ist Ministerin für Bergbau und Umwelt der Provinzregierung von Mendoza – eine Doppelrolle, die sie selbst verteidigt: „Umweltstandards sind von Beginn an Teil unserer Bergbaupolitik.“ Durch eine getrennte Verwaltungsstruktur seien Kontrolle und Transparenz gewährleistet.

Die Provinz habe ihr Potenzial im Bergbau bisher kaum genutzt, erklärt Latorre. Ein Grund sei ein 2007 erlassenes Gesetz, das den Einsatz von Cyanid, Blei und Schwefelsäure verbietet. Zudem müssen Projekte nach Umweltprüfung vom Provinzparlament genehmigt werden. 2019 versuchte die Regierung, das Gesetz auszuhöhlen, worauf es zu massiven Protesten kam. Heute betont Latorre: „Wir arbeiten mit dem Gesetz, der Bergbau funktioniert jetzt anders.“

In Uspallata, einem überschaubaren Dorf, das hauptsächlich von Landwirtschaft lebt, will nun ein Schweizer Bergbauunternehmen etwa eine halbe Milliarde Dollar investieren, um Kupfer und Gold abzubauen. Ein vergleichsweise kleines Projekt. Weiter im Süden der Provinz plant die Regierung zusammen mit Investoren weitere Abbaugebiete.

Anders als die Regierung glauben viele jedoch nicht an den großen Aufschwung. „Viel Geld wird für die Provinz nicht übrig bleiben“, sagt Marcelo Giraud, Geograf an der staatlichen Universidad Nacional del Cuyo und intellektueller Kopf der Umweltbewegung. „Es gibt bessere Formen, die Einkünfte für den Staat zu erhöhen.“ Er wirft der Regierung vor, kritische Stimmen juristisch einzuschüchtern und relevante Dokumente zu den möglichen Umweltschäden zurückzuhalten. „Wir erleben einen Abbau liberal-demokratischer Standards.“

Ramón Balmaceda, der vor gut einem Jahrzehnt auf der Suche nach unversehrter Natur nach Uspallata zog, um dort Landwirtschaft zu betreiben, warnt: „Der Bergbau wird unser bisher klares Bergwasser verschmutzen.“ Und er sieht noch weitere schädliche Folgen: Durch die Pläne sei schon jetzt die soziale Struktur zerstört worden. „Das Dorf ist tief gespalten“, sagt er. Die Harmonie, die er einst auf dem Land fand, sei verflogen.