Zivilgesellschaftliche Organisationen wie Amnesty und Greenpeace beklagen ein Erodieren des Flüchtlingsschutzes allgemein. Weltweit sind 122 Millionen auf der Flucht.
Zum Weltflüchtlingstag am Freitag appellieren Vertreter der Zivilgesellschaft an die Regierungen in Deutschland und anderen europäischen Staaten. Der Schutz der Geflüchteten komme vielerorts zu kurz. Auch fehle es an ausreichend Mitteln für eine gute Versorgung und Integration.
Der Flüchtlingsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Christian Stäblein, erinnerte am Donnerstag an die Würde und Rechte von Menschen auf der Flucht: “Das gilt überall, das gilt auch an unseren Grenzen”. Amnesty International und Greenpeace forderten eine andere europäische und deutsche Migrations- und Klimapolitik. Das Deutsche Institut für Menschenrechte beklagte eine fehlgeleitete Flüchtlingspolitik. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sprach sich für mehr Mittel für Integrationsarbeit aus.
Das DRK wünscht sich insbesondere längerfristige Mittelzusagen für die Integrationsarbeit in Deutschland. “Dass wichtige Programme in der Regel nur für ein Jahr finanziert werden, ist nicht tragfähig und erschwert unter anderem die Personalsuche”, kritisierte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt in der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Freitag).
Die Migrationsberatung benötige Planbarkeit und eine ausreichende Ausstattung mit Mitteln. “Notwendig wäre eine Investition deutlich über den 81,5 Millionen Euro der letzten Jahre, auch damit mehr Menschen von dieser integrationsfördernden Beratung profitieren können”, so Hasselfeldt. Migration sei eine bleibende Herausforderung, der mit dauerhaftem Engagement begegnet werden müsse.
Hasselfeldt verwies auf Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, wonach weltweit rund 122 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Das seien etwa zwei Millionen mehr als ein Jahr zuvor. “Flucht und Vertreibung sind weltweit eine Herausforderung – vor allem jedoch eine enorme psychische und physische Belastung für die Flüchtenden selbst.” Die Debatte rund um Migration greife in Deutschland zu kurz: Die Menschlichkeit müsse im Vordergrund stehen.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk rief zu mehr Unterstützung für Vertriebene weltweit auf. “Jeder 67. Mensch auf der Erde ist gewaltsam vertrieben. Es sind Männer, Frauen und Kinder, die nicht freiwillig ihr Zuhause verlassen haben, sondern vor Krieg, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen fliehen mussten”, sagte die UNHCR-Repräsentatin in Deutschland, Katharina Thote.
Das Kinderhilfswerk Terre des Hommes erinnerte an Mädchen und Jungen auf der Flucht: Betrachte man die vergangenen fünf Jahre, sei die Zahl geflüchteter Kinder um mindestens 13 Millionen gestiegen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte kritisierte ein Abrücken vom rechtlich garantierten internationalen Flüchtlingsschutz in Europa und Deutschland. So werde das individuelle Recht auf Asyl infrage gestellt und Schutzsuchende europa- und menschenrechtswidrig an deutschen EU-Binnengrenzen zurückgewiesen, hieß es. Flüchtlingsschutz sei vorbeugender Menschenrechtsschutz. Regierungen sollten sich daher aktiv zum Flüchtlingsschutz und seinen verbindlichen menschenrechtlichen Grundlagen bekennen – statt Migration als Gefahr und Schutzsuchende als Last darzustellen.
Auch Amnesty International und Greenpeace forderten ein Umdenken in der europäischen und deutschen Migrations- und Klimapolitik: Schutzsuchende dürfen nicht länger durch “politische Blockaden, Pushbacks oder mangelhafte Aufnahmebedingungen” gefährdet werden. Eine bessere Klimapolitik müsse darüber hinaus einen Beitrag leisten, damit die Klimakrise nicht mehr Menschen dazu bringe, ihre Heimat zu verlassen.