Der Berliner Rechtsanwalt Daniel Grosche rät Eltern von Kita-Kindern zu mehr Mut bei der Durchsetzung ihres Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz. Die Gesetzeslage und die bereits gefällten Urteile der Gerichte in verschiedenen Bundesländern seien sehr eindeutig, sagte Grosche, der mit seiner Kanzlei eine Vielzahl solcher Klagen vor Verwaltungsgerichten geführt hat, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in München: „Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, bleibt den Gerichten gar nichts anderes übrig, als im Sinne der Eltern zu urteilen.“
Zu diesen Voraussetzungen gehört, dass sich Eltern bei Betreuungsbedarf an ihre Gemeinde und bei Nicht-Erfolg ans zuständige Jugendamt gewendet haben. Bei Unter-Dreijährigen muss das drei Monate vor dem tatsächlichen Bedarf geschehen. „Um nachzuweisen, dass man es selbst versucht hat“, erläuterte Grosche. Die Fallstricke liegen jeweils im Detail. Bei Unter-Dreijährigen gelte etwa in Bayern auch ein Platz bei Tagesmüttern als Erfüllung des Rechtsanspruchs, bei Über-Dreijährigen habe man hingegen je nach Bundesland unterschiedliche Ansprüche bei der Betreuungsdauer.
„Viele Eltern haben ein bisschen Hemmungen, den Klageweg zu beschreiten“, berichtete Grosche aus seiner Erfahrung. Das liege oft daran, dass etwa im ländlichen Bereich die Ortsgemeinde Kita-Träger ist: „Aber wer will sich schon gerne mit dem Bürgermeister oder den Gemeinderatsmitgliedern anlegen, die er womöglich auch privat kennt?“ Doch genau dies müsse auch niemand tun: „In Bayern verklagt man nicht die Ortsgemeinde, sondern die für die Kitas zuständigen Jugendämter – und die sind bei den kreisfreien Städten oder auch den Landkreisen angesiedelt“, erläuterte Grosche.
Wer sich für eine Klage entscheide, müsse wissen, dass es aber auch danach nicht oder nicht sofort mit der Wunsch-Kita vor Ort oder um die Ecke klappen muss. „Anfahrten von 30 Minuten je einfacher Strecke gelten in aller Regel als zumutbar für Eltern und Kinder“, sagte der Rechtsanwalt. Auch bedeute ein Sieg vor den Verwaltungsgerichten nicht automatisch, dass man sofort einen Kita-Platz angeboten bekommt. „Aber immerhin kann man den Verdienstausfall danach beim Jugendamt geltend machen – das können je nach Dauer schon mal mehrere Tausend Euro sein.“
In Deutschland gilt bundesweit ein Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Für die Unter-Dreijährigen ist eine Betreuung entsprechend des beruflichen Bedarfs der Eltern vorgesehen, bei Über-Dreijährigen unterscheidet sich die konkrete Dauer des täglichen Betreuungsanspruchs – unter fünf Stunden sind es aber laut den Gerichtsurteilen nie. In Bayern gehen die Gerichte Rechtsanwalt Grosche zufolge regelmäßig von einem Umfang des Betreuungsanspruchs von durchgängig sechs Stunden aus. (3443/04.11.2025)