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Anatomie der Gnade

Was Herzen, Mund und Hand erzählen. Zum Predigttext für das Erntedankfest.

Predigttext am Erntedankfest: Matthäus 6,19–23Vom Schätze sammeln und sorgen19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. 23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!

Von Angelika Behnke

Teta Linek ist eine fromme Frau. Und sie hat ein Ziel: Sie möchte sich einen Platz im Himmel sichern. Ihr Neffe Mojmir soll ihr dazu verhelfen. Seit vielen Jahren finanziert Teta Mojmirs Ausbildung zum Priester. Sie hat ihn nur ein einziges Mal gesehen, aber wenn die Stunde kommt, sollen seine geweihten Hände ihr die Augen schließen. Ihr Interesse an Mojmir beschränkt sich auf diese Absicht. Die Briefe von ihm an das „liebe Tantchen“ genügen ihr. Darin schildert der junge Mann ausführlich seine Lebensumstände – und bettelt jedes Mal um Geld. Erfolgreich, denn Teta zahlt. Völlig darauf fixiert, gönnt sie sich selbst nichts, keine Freude, keinen Blick auf ihre Mitmenschen. Die Leute wenden sich von ihr ab, weil sie als geizig verschrien ist.Alt geworden macht Teta sich schließlich auf zu der Pfarrei, die der Neffe genannt hat. Und wirklich, sie trifft auf einen Bilderbuchpfarrer. Aber der heißt nicht Mojmir Linek. Das „liebe Tantchen“ war einem Betrüger aufgesessen. Tetas Himmel – veruntreut.

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