Es war der zarte Keim, aus dem die deutsch-französische Freundschaft und letztlich die EU erwachsen sollte: ein Treffen zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle im September 1958. Ein Film rekonstruiert die Ereignisse.
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
Am 14. September 1958 trafen sich Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Ministerpräsident Charles de Gaulle in dessen Privathaus in Lothringen. Die Begegnung war Teil einer diplomatischen Wiederannäherung zwischen den Nationen, die lange als Erzfeinde galten, und legte den Grundstein für den Elysee-Vertrag 1963.
Das historische Drama von Kai Wessel stellt die beiden Staatsmänner ( Burghart Klaußner, Jean-Yves Berteloot) ins Zentrum, lässt Differenzen, aber auch Gemeinsamkeiten erkennen und erweitert das Kammerspiel um die Perspektiven weiterer Figuren aus dem Umfeld der Politiker sowie von offiziellen Beobachtern des Treffens und „dem einfachen Volk“. Eine packender Historienfilm über die schwierige Annäherung, die vor allem durch gute Dialoge und handwerkliche Sorgfalt besticht.
Als Gastgeschenk überreicht Konrad Adenauer eine antike Pieta-Figur: Die Darstellung der ihren toten Sohn in den Armen haltenden Muttergottes sei ein Symbol von Trauer und Leid, weiß die Gastgeberin und gute Katholikin Yvonne de Gaulle dazu zu sagen. Aber sie sei auch ein Zeichen der Vergebung und der Hoffnung für die Menschheit, führt die Gattin des französischen Ministerpräsidenten Charles de Gaulle weiter aus.
Natürlich steht das Kunstwerk hier für das deutsch-französische Verhältnis, das 13 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nach wie vor äußerst belastet ist von den brutalen Spuren der Vergangenheit. Ruinen und kriegsversehrte Männer sind ein üblicher Anblick im Frankreich des Jahres 1958, als der deutsche Bundeskanzler zu einem Treffen in de Gaulles Privathaus in Lothringen chauffiert wird.
Der Fernsehfilm “An einem Tag im September” rekonstruiert eine geschichtsträchtige Zusammenkunft. Am 14. September trafen Adenauer und der kurze Zeit später zum französischen Präsidenten gewählte General zum ersten Mal aufeinander. Dieser Termin war der zarte Keim, aus dem die deutsch-französische Freundschaft und letztlich die EU erwachsen sollte.
Anspannung, die diese Begegnung auf beiden Seiten begleitete, macht der von Regisseur Kai Wessel souverän in Szene gesetzte Film deutlich spürbar: Die Abneigung zwischen den “Boches” und den “Franzmännern” ist teils förmlich mit Händen zu greifen – verkörpert etwa in der Figur der Köchin im Hause de Gaulle, einer ehemaligen Partisanin, die Adenauers deutschen Fahrer anherrscht: “Ihr seid Mörder, alle!” De Gaulle (Jean-Yves Berteloot) und Adenauer (Burghart Klaußner) jedoch verbindet ihr Katholizismus sowie ihre Abneigung gegen “die Kommunisten” – aber auch ihre Sturheit. Letztere ist womöglich mit Grund dafür, dass das Vieraugengespräch beim Thema Atomwaffen ins Stocken gerät.
Drehbuchautor Fred Breinersdorfer schrieb das Buch auf Grundlage eines achtseitigen “Ereignisprotokolls”, das es im Bundesarchiv über eben jene Unterhaltung gibt. Dass Yvonne de Gaulle (Helene Alexandridis) dem abgekühlten Diskurs geschickt neuen Drive gibt, indem sie das Gespräch auf die Schicksalsschläge der beiden Männer lenkt, ist eine legitime Erfindung des Autors.
Überhaupt hat Breinersdorfer eine kluge Vorlage geschrieben, die nah an der Historie bleibt und die Story zugleich gekonnt “versinnlicht”. Weniger überzeugend ist einzig eine Szene, in der die de Gaulles in ihrem Rosengarten recht hölzern Informationen über Adenauers Werdegang austauschen.
Dazu stellt Breinersdorfer drei weitgehend fiktionale Erzählstränge, die den Hauptstrang überzeugend spiegeln: Die Story um eine deutsche Volontärin und eine französische Fotografin, die sich für ihre Berichterstattung zusammentun – und die für die junge Generation und den Aufbruch in eine neue Zeit stehen. Die Referenten der Staatsmänner, die sich langsam einander annähern. Aber auch die Geschichte der erwähnten Köchin, die in ihrem Hass verharrt. Toll sind die Bewegungen zu Beginn des Films, die die sämtlich in der Anfahrt auf dasselbe Ziel hin befindlichen Protagonisten auf energische, prägnante Weise einführen.
Das erste längere Gespräch zwischen den beiden Staatsmännern wiederum ist als intensives Kammerspiel in düsteren Räumlichkeiten inszeniert, in Echtzeit – nicht nur hier tritt die schauspielerische Brillanz der beiden Hauptdarsteller zutage, aber auch die hervorragende Kamera von Holly Fink.
Die internationale Besetzung tut der ZDF-Auftragsproduktion in Zusammenarbeit mit Arte gut. Doch auch Klaußner ist trotz seiner geringen phänotypischen Ähnlichkeit mit Adenauer eine vorzügliche Wahl, lässt etwa auch den rheinischen Singsang seiner Figur schön dezent mitschwingen. So scheinen hier lediglich die in schwarz-weiß gehaltenen Sequenzen im Stile damaliger Nachrichtensendungen überflüssig, die dem Film nichts hinzuzufügen wissen. Genau so sollte Geschichtsvermittlung sein: auf höchstem handwerklichen Niveau, historisch akkurat, aber zugleich spannend, sinnlich und heutig erzählt.