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An der Oberfläche der Erkenntnis

UK 13/2018, Stephen Hawking (Leitartikel Seite 1: „Wo Gott auf uns wartet“)
Stephen Hawking war ein hochrespektabler Wissenschaftler, der bewundernswert mit seinem harten Schicksal, der Nervenerkrankung ALS, umgegangen ist.
Ich möchte seine Verdienste nicht schmälern, aber dass ein Genie wie er glaubte, irgendwann wird der Mensch noch während seiner irdischen Existenz durch Forschung in der Lage sein können, umfassend  Ursprung, Ziele und Zusammenhänge zu verstehen, halte ich für vordergründig naiv und optimistisch, zugleich für verstörend.
Ohne das Wort vom „Geheimnis des Glaubens“ überstrapazieren zu wollen, seien hier zwei scheinbar grundverschiedene Beispiele angeführt.
1. Gleich zu Beginn des Johannes-Evangeliums steht: „Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist“ (Johannes 1,3). In dieser komprimierten Aussage verschwimmen unter anderem die Grenzen von biologischer Seinswirklichkeit und Metaphysik zu einem faszinierenden Konglomerat.
2. Ein Mensch besteht aus etwa 1025 Atomen, zur Veranschaulichung:  10 000 000 000 000 000 000 000 000. Allein sich eine Beziehung der enormen numerischen Konsistenz eines einzigen Individuums zum nicht gerade kleinen Rest des Universums vorzustellen, lässt einen schwindlig werden und die (notwendige) naturgemäße Bescheidenheit/Beschränktheit des Verstands erahnen.
So kann man ein wenig bewundernde Demut lernen, wie wenig sich der Heilige Geist in die Karten schauen lässt und wie sehr wir zwangsläufig an der Oberfläche der Erkenntnis kratzen. Etwas Selbstironie kann dabei auch nicht schaden. Bäte mich jemand, die großen Rätsel der Weltenläufe zu erklären, müsste ich achselzuckend zugeben: „Ich weiß nicht einmal, wie Donald Trump Präsident werden konnte“.
Michael Hof, Bad Berleburg