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Alzheimer-Gesellschaft: Menschen ohne Internet nicht aus­schließen!

Viele Seniorinnen und Senioren fühlen sich ausgegrenzt: Die Bahn-Card gibt es nun nur noch online zu kaufen. Geht gar nicht, sagt unsere Gastautorin von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Die zunehmende Digitalisierung der Angebote der Deutschen Bahn bereitet vielen älteren Menschen Schwierigkeiten
Die zunehmende Digitalisierung der Angebote der Deutschen Bahn bereitet vielen älteren Menschen SchwierigkeitenImago / photothek

Sie wollen demnächst eine Reise mit der Deutschen Bahn machen? Dann sollten Sie am besten nicht nur ein E-Mail-Konto, sondern auch ein Smartphone haben! Wenn Sie in einer größeren Stadt wohnen, haben Sie vermutlich noch die Möglichkeit, Ihre Fahrkarte am Schalter zu erwerben. Wussten Sie aber, dass Sie seit letztem Herbst dort keine Tickets mehr zum Sparpreis bekommen? Und seit dem 9. Juni erhalten Sie auch keine BahnCard für entsprechende Ermäßigungen mehr per Post zugesendet. Die Bahn stellt alles auf digitale Angebote um.

Eine Kollegin erzählte mir kürzlich: „Meine Schwiegermutter ist mit ihren 87 Jahren noch sehr mobil, viel unterwegs und legt großen Wert auf ihre Selbstständigkeit. Nur im Internet ist sie nicht zu Hause und mag sich damit auch nicht mehr auseinandersetzen. Wenn sie Bahn fahren möchte, ist das jetzt immer ein kleines Drama: Die Fahrkarte müssen wir online für sie ­besorgen. Wir drucken sie dann aus und schicken sie ihr mit der Post zu. Meine Schwiegermutter ist jedes Mal unglücklich, dass sie damit so abhängig ist von uns.“

Keine Fahrkarten mehr zum Sparpreis

Zum Beirat „Leben mit Demenz“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gehören Menschen mit einer beginnenden Demenz im Alter zwischen 58 und 75 Jahren. Sie betonen immer wieder, wie wichtig es für sie ist, selbstständig und auf möglichst wenig Hilfe angewiesen zu sein. Doch im Verlauf der Krankheit wird der Umgang mit komplexen Bedienvorgängen immer schwieriger, und dann ist die Fahrt zum Fahr­kartenschalter am Bahnhof der einfachere Weg, an ein Ticket zu kommen. Nur, dass sie damit jetzt keine Fahrkarten mehr zum Sparpreis bekommen können.

Wenn Sie jetzt sagen, das sei das Problem einer kleinen Randgruppe, weise ich Sie gerne auf eine Pressemitteilung des Bundesfamilien­ministeriums von April 2023 hin. Demnach gibt es unter den Menschen im Alter 60+ in Deutschland knapp sieben Millionen „Offliner“ – sie haben noch nie in ihrem Leben das Internet benutzt. 49 Prozent der Menschen ab 80 gehören zu dieser Gruppe. Allerdings gab es laut Statistischem Bundesamt 2023 auch bei den Jüngeren im Alter zwischen 16 und 44 Jahren zwei Prozent, die keinen Zugang zum Internet hatten.

Zugang ohne digitale Barrieren gewährleisten

Zusammen mit einem breiten Bündnis von weiteren 28 Organisationen hat die Deutsche Alzheimer Gesellschaft im Mai den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Richard Lutz, aufgefordert, einen analogen Zugang zu BahnCard und Sparpreisen zu gewährleisten, „der ohne Mehrkosten und barrierefrei von allen, auch von sogenannten Offlinern, genutzt werden kann“. Es geht darum, dass Dienstleistungen und Angebote der Deutschen Bahn vor Ort an Service-Schaltern erhältlich sein sollten – und das nicht nur in großen Städten. Denn auch das gehört zur Gewährleistung von Mobilität jenseits des Autos: ein niedrigschwelliger Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln für alle.

Gerade in Bezug auf ältere Menschen und Menschen mit Demenz wird häufig über das Thema Autofahren diskutiert. Günstige Angebote für Bahnfahrkarten sind auch in dieser Gruppe ein zusätzlicher Anreiz, das Auto bei längeren Strecken stehen zu lassen – wenn sie denn Zugang dazu haben.

Susanna Saxl-Reisen ist stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz.