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Alter Killer: Tuberkulose bleibt auch heute noch gefährlich

Tuberkulose – früher in Deutschland als Schwindsucht bezeichnet – ist eine Geißel der Menschheit. Dabei ist sie mittlerweile heilbar. Wenn die Gesundheitssysteme funktionieren und genügend Geld da ist.

Sie galt als Schreckgespenst des 19. Jahrhunderts. Auch in Europa. Um 1880 war im deutschen Kaiserreich jeder zweite Todesfall bei jüngeren Erwachsenen der Tuberkulose geschuldet. Die Tuberkulose ist aber auch heute noch längst nicht ausgerottet. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ein Viertel der Weltbevölkerung mit dem Erreger infiziert – meist ohne davon zu wissen. Denn nur bei jedem zehnten Infizierten bricht TB aus. Zum Welttuberkulosetag am Montag fordern auch das Robert-Koch-Institut und deutsche Lungenärzte eine konsequente Weiterführung der Kontroll- und Präventionsmaßnahmen.

2023 erkrankten weltweit 10,8 Millionen Menschen neu an TB, 1,25 Millionen starben daran, wie die WHO analysiert. Zwar sind die Todeszahlen nach einem Anstieg während der Corona-Pandemie wieder rückläufig. Doch Tuberkulose bleibt die tödlichste Infektionskrankheit weltweit.

Für Deutschland hat das Robert-Koch-Institut auch schon Zahlen für 2024 vorgelegt: Gemeldet wurden nach vorläufiger RKI-Datenlage 4.391 Fälle – eine geringe Abnahme um 90 Fälle. “Besonders gefährdet sind Kinder unter fünf Jahren und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem”, erklärt das Institut. “Tuberkulose ist keineswegs eine Krankheit der Vergangenheit”, sagt auch der Generalsekretär des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK), Torsten Bauer. Er zeigt sich vor allem besorgt über eine Zunahme von Tuberkulosefällen, die gegen vorhandene Medikamente resistent sind, in den vergangenen Jahren.

Tuberkulose, lange auch als Schwindsucht bezeichnet, begleitet die Menschheit schon von Anfang an. Ein uralter Killer. Forscherinnen und Forscher fanden Belege dafür in den Skelettüberresten prähistorischer Menschen und in Mumien des antiken Ägyptens.

Dabei verbanden sich mit der Tuberkulose ganz unterschiedliche Gesellschaftsbilder. Thomas Manns in einem Sanatorium in Davos spielender Roman “Zauberberg” spielt mit der Tuberkulose als Krankheit der Reichen und Intellektuellen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde TB aber auch als proletarische Krankheit beschrieben, weil sie sich insbesondere in den großen Städten ausbreitete, wo die Menschen auf engstem Raum und unter schrecklichen hygienischen Bedingungen zusammenlebten, etwa in Berlin und im Ruhrgebiet.

In den 1970er-Jahren galt die Tuberkulose als die “besiegte Krankheit”, in den 1990er-Jahren als die “Krankheit von Randgruppen”, weil viele Aids-Kranke daran starben. Weil die Fallzahlen in den 90ern durch Flüchtlingsbewegungen, Auswanderung, Krieg und Armut weltweit erneut ein bedrohliches Ausmaß annahmen, erklärte die WHO die Tuberkulose 1993 zum weltweiten Notfall.

Heute sind vor allem Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen und schlechten Gesundheitssystemen betroffen. Über die Hälfte aller Erkrankungen werden in 5 Ländern registriert: in Indien (26 Prozent), Indonesien (10 Prozent), China (6,8 Prozent), den Philippinen (6,8 Prozent) und Pakistan (6,3 Prozent). Die WHO hat sich zum Ziel gesetzt, die Erkrankung bis 2050 zu eliminieren. Ob das nach den Maßnahmen von US-Präsident Donald Trump überhaupt noch realistisch ist, darf bezweifelt werden.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Mediziner und Wissenschaftler den Krankheitserregern auf die Schliche. 1865 bewies der französische Militärarzt Jean Antoine Villemin die Übertragbarkeit der Krankheit. Und schließlich erfand der Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch 1882 ein Verfahren, mit dem es erstmals gelang, den bakteriellen Erreger als Ursache für die Krankheit zu beschreiben.

Für die Entdeckung der Tuberkulose-Bazillen erhielt Koch 1905 den Nobelpreis für Medizin. Wirksame Medikamente gab es damit allerdings noch nicht. Erst 1943 entwickelten Wissenschaftler in den USA das Antibiotikum Streptomycin als ersten Wirkstoff.

In den vergangenen Jahren wurden beachtliche Erfolge bei der Bekämpfung der Krankheit erzielt. Es wurden neue Diagnosemethoden entwickelt, Behandlungsverfahren deutlich verkürzt. Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Standardtherapie besteht aus der Einnahme von vier Medikamenten über einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Erfolgsquote steigt dabei deutlich, wenn die Patienten durch speziell ausgebildete Helfer betreut und ermuntert werden, die Therapie trotz der oft unangenehmen Nebenwirkungen durchzustehen. In manchen Gesundheitssystemen ist das nicht leistbar. Aufgrund der weltweiten Resistenzlage wird mit Hochdruck an neuen Impfstoffen geforscht, die gut verträglich und wirksam sind.