Predigttext für den 18. Sonntag nach Trinitatis/Erntedankfest (Erprobung im Rahmen der Perikopenrevision): 1.Timotheus 4, 4-5
4 Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; 5 denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.
"Nun sag mal schön danke!“ Wie lästig fand ich diese Aufforderung in Kindertagen. Selbstverständlich habe ich schon damals gern etwas geschenkt bekommen. Schokolade. Oder ein Spielzeug. Selbstverständlich habe ich mich darüber gefreut. Süßes essen. Sich mit einem neuen Spielzeug beschäftigen. Das war wunderbar. Aber erst noch danke sagen? Höchst unangenehm und überflüssig. Noch dazu, wenn das Geschenk von Erwachsenen kam, die ich gar nicht kannte.
Dankbarkeit als Lebenshaltung
Inzwischen habe ich mich nicht nur mit den Grundregeln der Höflichkeit angefreundet. Dankbarkeit habe ich auch als Lebenshaltung zu schätzen gelernt. Nichts ist selbstverständlich. Essen und Trinken. Ein Dach über dem Kopf. Eine sinnvolle Arbeit. Beziehungen zu anderen Menschen. Gesundheit. Das Leben an sich. Alles ist Geschenk. Alles entspringt aus Gottes Liebe zu uns Menschen. Indem ich mich dafür bedanke, antworte ich auf Gottes Liebe. So entsteht Beziehung. Gott ist mittendrin. In meinem Leben.
Der Erntedanktag ist kein Aufruf zur Höflichkeit. Wir sind ja auch keine Kinder mehr, die erst noch lernen müssten, was sich gehört. Am Erntedanktag wenden wir uns Gott zu, der Leben schafft und erhält. „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut“, heißt es im 1. Timotheusbrief. Also können wir uns darüber freuen und es in vollen Zügen genießen. Ohne Einschränkung. Verbote gibt es nicht. „Dies darfst du nicht essen oder trinken. Hier musst du Enthaltsamkeit üben. Das solltest du meiden.“ All das wird uns Christen und Christinnen nicht auferlegt. Und doch tragen wir Verantwortung. Sie entspringt der Dankbarkeit.
Wenn ich in allem, was ich esse und trinke, in allem, was mein Leben hält und trägt, Gott als Schöpfer erkenne, werde ich aufmerksam und behutsam. Woher kommt das, was ich esse und trinke? Wer leidet darunter, wenn ich nur einen geringen Preis für Lebensmittel bezahle? Was und wie viel tut mir selbst eigentlich gut?
„Nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.“ So einfach ist das? Ja. Offensichtlich gibt es das Vertrauen zu uns Menschen, dass wir das richtige Maß finden. Zwischen Prasserei und Enthaltsamkeit. Zwischen Luxus und Kargheit. Zwischen dem Gefühl „Ich kann mir alles erlauben“ und der Verantwortung für andere Menschen und die gesamte Schöpfung.
Und es ist ja auch so. Wir finden das rechte Maß. Wenn wir in der Beziehung zu Gott bleiben. Wenn wir nicht über die Stränge schlagen und uns alles gönnen, was wir uns leisten könnten. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne darauf zu achten, was anderen und uns selbst gut tut, was wir denn wirklich brauchen.
Mut zum Tischgebet im Restaurant
Das rechte Maß ist mit so geringen Mitteln zu erreichen. Der 1. Timotheusbrief weist uns auf Danksagung und Gebet hin. Ein Tischgebet vor dem Essen? Es wirkt zumindest in der Öffentlichkeit eines Restaurants oder eines Festes wie ein Relikt aus vergangener Zeit. Heutzutage braucht man Mut für solche Art der Dankbarkeit. Aber vielleicht können wir ja auch dazu beitragen, dass sie wieder „in Mode“ kommt, diese Dankbarkeit. Zumindest kann sie aufmerksam machen. Auf Gott, den Schöpfer, dem wir Essen und Trinken und unser ganzes Leben verdanken.
„Nun sag mal schön danke!“ Vielleicht ist diese Aufforderung auch heute noch nötig. Wie alt auch immer wir sind. Eltern bringen ihren Kindern in der Regel bei, wie man sich anderen Menschen gegenüber verhält. Auch Gott hat Dankbarkeit verdient. Gott zuallererst. Was wären wir ohne Gott? Ohne Gott wären wir nicht.