SCHWERTE – „Vater ist, was Du draus machst“, so lautet der Titel der aktuellen Väterkampagne, die das Familienministerium im Juni mit einer groß angelegten Plakat-Aktion in fünf nordrhein-westfälischen Städten gestartet hat. Die Motive werben für ein neues Väterbild, für eine aktive Vaterschaft und eine Balance zwischen Berufs- und Familienleben.
Mit dieser Kampagne greift das Familienministerium die Ergebnisse des Familienberichtes aus Oktober 2015 auf, in dem Eckpunkte für eine künftige Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen formuliert wurden. Neben den Forderungen nach mehr Zeit und Geld sowie besserem Service für Familien und mehr Unterstützung für Alleinerziehende greifen die Eckpunkte auch die Forderung vieler Väter auf, mehr Zeit für die Familie zu haben. Im Familienbericht verknüpfen 24 Prozent der befragten Väter diesen Wunsch mit einer Reduzierung ihrer Arbeitszeit. Zudem geben 42 Prozent an, dass beide Elternteile in gleichem Maße erwerbstätig sein und sich um Familie und Haushalt kümmern sollen.
Die Überlegungen des Ministeriums, die Attraktivität der Vaterrolle für Männer zu steigern und die Öffentlichkeit für die Anforderungen zu sensibilisieren, die mit dem Rollenwandel einhergehen, ist ein zielführender und begrüßenswerter Ansatz, um väterliches Engagement zu ermöglichen und zu fördern.
Der Titel der Kampagne – „Vater ist, was du draus machst“ simplifiziert allerdings die tatsächlichen Herausforderungen, vor denen Väter heute stehen. Der einprägsame Slogan erweckt den irreführenden Eindruck, nur die Väter seien es, die sich ändern müssten. In der Bildungsarbeit berichten viele Väter demgegenüber, wie schwierig es ist, den persönlichen und partnerschaftlichen Wunsch nach engagierter und verantwortungsbewusster Vaterschaft im Alltag umzusetzen. Sie berichten beispielsweise, wie sehr nach wie vor bestehende verengte Rollenbilder, insbesondere in beruflichen Kontexten, Stolperstein sein können, um Arbeitszeiten familienkompatibler auszurichten.
Zudem wird in der Wahrnehmung vieler Väter Familienfreundlichkeit zwar von vielen Betrieben als schmückendes Etikett und als Forderung propagiert, aber gleichzeitig berufliche Verfügbarkeit und Präsenz, wie auch die engagierte Bewältigung von gestiegenen Anforderungen, uneingeschränkt eingefordert. Angesichts dieser Rückmeldungen erscheint die Forderung „Vater ist, was Du draus machst“ in seiner Einseitigkeit wenig hilfreich.
Die Männerarbeit im Institut für Kirche und Gesellschaft setzt sich dafür ein, dass Väter Gelegenheit erhalten, sich über das Spannungsfeld zwischen persönlichem Wunsch und gesellschaftlicher Realität auszutauschen. Neben der Unterstützung bei der Suche nach individuellen Lösungen wird auch über gesetzliche Möglichkeiten informiert und der Austausch der Väter untereinander zu diesen Themen gefördert. Platz finden diese Gespräche etwa bei Vater-Kind-Wochenenden. Ein Fazit dieser Gespräche ist die Erkenntnis, dass Väter eine starke Lobby brauchen, die sich konsequent für mehr Akzeptanz und Spielräume einsetzt, damit Väter partnerschaftlich Erziehungsverantwortung und somit auch Pflege-Aufgaben wahrnehmen können.
Für die Durchführung von Vater-Kind-Angeboten in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen und Familienzentren bilden die Männerarbeiten der westfälischen und der rheinischen Landeskirche in Kooperation mit der Evangelischen Fachhochschule RWL in Bochum Männer aus, etwa männliche Erzieher. Im Januar 2017 startet unter dem Titel „Erziehungskompetenzen stärken“ ein weiterer Durchgang der in sieben Modulen aufgebauten Fortbildung.
Weitere Informationen: Jürgen Haas, Männerarbeit im Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW, Telefon (0 23 04) 755 373, Internet: www.kircheungesellschaft.de.