Boney M besangen in den 1970er Jahren die “Rivers of Babylon”. Nun ist ein uralter Hymnus auf die Stadt in Mesopotamien aufgetaucht, die einst als größte der Welt galt – entschlüsselt mit Hilfe von KI.
Ein Münchner Altorientalist hat einen tausende Jahre lang verschollenen Text wiederentdeckt und vervollständigt. Es handelt sich um ein rund 3.000 Jahre altes Loblied auf Babylon, die damals größte Stadt der Welt, wie die Ludwig-Maximilians-Universität am Dienstag mitteilte. Die Hymne umfasst demnach 250 Zeilen und beschreibt die Metropole im damaligen Mesopotamien in ihrer größten Blütezeit.
Vollständig rekonstruiert werden konnte der Text der Mitteilung zufolge dank Künstlicher Intelligenz (KI). Der an der LMU als Professor lehrende Altorientalist Enrique Jiménez nutzt KI zur Untersuchung aller bisher weltweit entdeckten Keilschrift-Fragmente. Damit seien 30 weitere Manuskripte identifiziert worden, die zur Hymne gehören, sagte er. So seien bisherige Lücken im Text entschlüsselt worden. Dieser Prozess hätte früher Jahrzehnte gedauert. Für seine Forschung arbeitet Jimenez mit der Universität Bagdad zusammen.
Die vielen weiteren Fundstellen ließen darauf schließen, dass der Text einmal sehr verbreitet war. “Die Hymne wurde von Kindern in der Schule kopiert”, erläuterte der Forscher. “Es ist außergewöhnlich, dass ein damals so beliebter Text bis heute unbekannt war.”
Auch inhaltlich sei das Loblied an mehreren Stellen spektakulär, so Jiménez. Der Autor beschreibe, wie der Fluß Euphrat den Frühling bringe und die Felder grün würden. Aus Mesopotamien seien nur wenige solche Beschreibungen der Natur bekannt. Der Text gebe außerdem erstmals Einblicke zur Rolle von Priesterinnen in Babylon.
Das antike Babylon liegt rund 85 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt Bagdad. Seine Ruinen zählen zum Weltkulturerbe.