Greifswald. Ohne Moos wäre hier wirklich gar nichts los. Das „Greifswald Moor Centrum“, genannt GMC, ist DIE Forschungsstätte in Sachen Moore und Moose überhaupt. Vielfach wurde es ausgezeichnet.
Seit fast 200 Jahren wird in der Hansestadt an Mooren geforscht, wie schon Aufzeichnungen Adelbert von Chamissos 1824 belegen. Inzwischen arbeiten hier 60 bis 70 Fachkundige von drei Institutionen, vereint als „Greifswald Moor Centrum“: der Michael-Succow-Stiftung, die sich um den Schutz von Gebieten kümmert, auch international; des Vereins DUENE, der Umwelt- und Agrarberatung zur nachhaltigen Entwicklung von Landschaften betreibt und schließlich des Instituts für Botanik und Landschaftsökologie der Uni Greifswald, das zu Funktion, Schutz, Geschichte und Nutzung von Mooren forscht.
Die große Wichtigkeit dieser Forschung liegt im Klimaschutz. Gewaltige Moorflächen wurden in den vergangenen Jahrhunderten trockengelegt, sei es, um landwirtschaftliche Nutzfläche oder Torf zu gewinnen: 95 Prozent der Moore in Deutschland sind zerstört. Sie alle können nun das in der Luft klimaschädliche Kohlendioxid (CO2) nicht mehr binden. Im Gegenteil, sie dünsten langsam den vor der Entwässerung gespeicherten Kohlenstoff aus. Vom Speicher wurden sie so zur Abgasschleuder: Trockene Moore sind mit Abstand die größte Treibhausgas-Einzelquelle des Landes MV. Sie setzen mehr CO2 frei als aller Autoverkehr.
Weltweit einzigartig
„Und der Moor-Schwund geht weiter“, warnt Hans Joosten, Moorkundler aus Greifswald : mit jeder Tüte Blumenerde vom Baumarkt, die mit Torf versetzt ist. Mit seiner Arbeitsgruppe forscht er daran, wirtschaftliche Lösungen zu finden, um entwässerte Moore wieder zu Kohlenstoffspeichern zu machen.
Ziel ist dabei nicht unbedingt, alle Flächen unter Naturschutz zu stellen, sondern vor allem, moorschonende und trotzdem rentable Nutzungen zu ermöglichen.
„Wir sind weltweit die einzige Institution, die von Forschung bis Politik operiert“, sagt Joosten. Das sei nötig. Denn schlussendlich sei der Schutz der Moore und damit des Klimas nur zu erreichen, wenn alle an einem Strang zögen: Forscher und Bauern, Konsumenten und Umweltschützer, Politiker und Wirtschaftsunternehmen.
Um das Klimaschutzziel, nämlich Stopp der CO2-Emmissionen bis 2050, erreichen zu können, sei es gerade in moorreichen Ländern wie MV unabdingbar, konsequent alle Moore wieder zu vernässen. Radikal, aber notwendig.
Ein besonderes Forschungsfeld
Eine Antwort, wie es gehen kann, bietet die Paludikultur – eine Idee, die für ihren innovativen Charakter 2013 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde. Vom lateinischen Wort „palus“ (= „Sumpf“) abgeleitet, steht Paludikultur für eine nasse Bewirtschaftung von Moorflächen. Das heißt, der Landwirt verdient weiterhin seinen Lebensunterhalt von der Fläche und schützt gleichzeitig das Moor. Zwar können auf nassen Flächen nicht mehr Futtergras, Mais oder Kartoffeln angebaut werden, dafür aber Schilf, Rohrkolben, Sauergräser oder Erlen, die als Bau- und Brennstoffe genutzt werden können, wie die Moorforscher und Praxispartner zeigten.
Ein besonderes Forschungsfeld dabei ist die Torfmooskultivierung. „Auf einer inzwischen 14 Hektar großen Versuchsfläche im Hankhauser Moor in Niedersachsen untersuchen wir derzeit den Anbau von schnell wachsenden Torfmooskulturen“, sagt Anja Prager, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni. Weil Torfmoos-Biomasse sehr ähnliche Eigenschaften hätte wie Torf, könne dieser in Gartenerden durch nachwachsendes Torfmoos ersetzt werden. „Das macht Torfabbau hoffentlich bald unnötig“, sagt sie. Ein erster, aber wichtiger Schritt.
Info
Mehr unter www.moorwissen.de oder im Fernseh-Beitrag: „W-wie –Wissen: Der Kampf ums Moor“, ARD-Mediathek, 20. Oktober 2018.