Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, plädiert für allgemeingültige Standards bei der Aufarbeitung von sexualisiertem Missbrauch. Ein staatliches Aufarbeitungsgesetz müsse allen Betroffenen einen Rechtsanspruch auf Aufarbeitung ihrer Fälle geben, sagte die Hamburger Bischöfin dem „Tagesspiegel“ (Samstag). Dieses müsse unabhängig davon gelten, ob die Fälle in den Kirchen, im Sport, in Schulen oder Familien stattfanden.
Durch ihre lange Beschäftigung mit dem Thema wisse sie, „dass auch die kritischste Aufarbeitung von innen nicht hinreicht und also auch nicht von allen akzeptiert werden kann“, sagte die Theologin. Deshalb sei es wichtig, externe Standards zu setzen.
Ende Januar sollen die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht werden, die im Auftrag der EKD das Ausmaß von sexuellem Missbrauch in der evangelischen Kirche untersucht. „Es wird schmerzhafte Erkenntnisse geben im Blick darauf, wie wir in der Vergangenheit mit Fällen von sexualisierter Gewalt umgegangen sind, sowohl in der Diakonie als auch in der Kirche“, sagte Fehrs: „Aber wir erstarren nicht in Angst wie das Kaninchen vor der Schlange: Wir wollen diese Studie, wir haben sie initiiert und geben 3,6 Millionen Euro dafür aus.“
Fehrs war von 2021 an zunächst stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende und steht seit dem Rücktritt von Annette Kurschus im November kommissarisch an der Spitze der EKD. Kurschus war nach Vorwürfen im Zusammenhang mit einem Missbrauchsverdacht in ihrem früheren Arbeitsumfeld von ihren Leitungsämtern in der EKD und der westfälischen Landeskirche
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